Arzneimittel im niedergelassenen Bereich: moderates Ausgabenwachstum

14.11.2019 | Mit validen Daten lässt es sich leichter planen: Um eine faktenbasierte Sichtweise auf die Entwicklung bei den Arzneimittelausgaben in den nächsten vier Jahren zu ermöglichen und eine valide Basis für die Planbarkeit hinsichtlich der Arzneimittel im niedergelassenen Bereich zu schaffen, haben Apothekerverband, FCIO, FOPI und Pharmig die Studie „Pharma Forecast Austria 2023“ in Auftrag gegeben. Die Studie zeigt, dass der erstattungsfähige Arzneimittelmarkt bis 2023 jährlich real um durchschnittlich 1,5 Prozent wachsen wird.

„Die quantitative Prognose für die nächsten Jahre basiert auf Zeitreihenanalysen ergänzt um qualitative Einflussfaktoren. Das Wachstum bei innovativen Arzneimitteln wurde zusätzlich bewertet. Um die Prognose zu fundieren, haben wir zudem die Annahmen mit den Planungen einzelner Pharmafirmen abgeglichen“, erklärt Mag. Stefan Baumgartner, General Manager der IQVIA.

Grund für das moderate reale Wachstum von durchschnittlich plus 1,5 Prozent jährlich sind die Auswirkungen der gesetzlich vorgeschriebenen Preisreduktionen von Original- und Nachfolgepräparaten nach Patentabläufen. „Es ist anzunehmen, dass das Wachstum noch geringer ausfallen wird als die von uns berechneten inflationsbereinigten 1,5 Prozent. Denn zusätzlich zu den gesetzlichen Regularien wirkt auch die Marktdynamik auf die Preise. Das heißt, dass Unternehmen oftmals ihre Preise im Wettbewerb stärker senken, als es die in unserem Forecast zugrunde gelegten Regelwerke vorgeben“, so Baumgartner. Außerdem sind individuelle Rabatte der Hersteller nicht in die Berechnung mit aufgenommen worden.

Die Prognose zeigt, dass durch die Preissenkungen nach Patentabläufen ein Potenzial geschaffen wird, mit dem die erwartbaren Mehrkosten für innovative Arzneimittel mehr als kompensiert werden können: „Wir sprechen hier von Preiseffekten, die bis 2023 insgesamt etwa 944 Mio. Euro frei machen, denen wiederum Innovationen in Höhe von etwa 454 Mio. Euro gegenüberstehen“, so Baumgartner. Somit können diese rund 450 Mio. Euro über das fast doppelt so hohe Potenzial, das durch Preissenkungen entsteht, finanziert werden. „Gäbe es keine Innovationen, wäre der Markt sogar rückläufig“, ergänzt Baumgartner.

Dr. Thomas Czypionka, Head of Health Economics and Health Policy am Institut für höhere Studien (IHS) in Wien stellt die Zahlen in einen gesundheitspolitischen und gesundheitsökonomischen Kontext und erklärt: „Schon in den vergangenen Jahren sind die Ausgaben für Arzneimittel geringer gewachsen als die Einnahmen der Krankenkassen. Setzt man den Pharma-Forecast in Beziehung zur Wirtschaftsprognose, so wird sich dies zumindest bis 2023 fortsetzen.“ Auch im Vergleich zu den gesamten Gesundheitsausgaben liegt das Verhältnis ähnlich: „Die Gesundheitsausgaben machen etwa elf Prozent des BIP aus. Während es hier einen stetigen, geringfügigen Aufwärtstrend gibt, bleibt der Anteil der öffentlichen Arzneimittelausgaben für den niedergelassenen Bereich dagegen die letzten Jahre stabil“, so Czypionka weiter.

Die Schlüsse, die der Gesundheitsökonom aus den Ergebnissen der Studie zieht: „Die Zahlen des Pharma-Forecast legen nahe, dass das Wachstum der öffentlichen Arzneimittelausgaben im niedergelassenen Bereich mittelfristig kein Finanzierungsproblem erzeugt und dass das Ausgabenwachstum konstant ist, obwohl durch einige Neuentwicklungen ein Zusatznutzen für die Patienten entsteht. Er macht aber auch nochmal deutlich, dass es abseits der Finanzierbarkeit in einigen Bereichen Probleme gibt. So können durch über die Jahre konstante Preise der patentfreien Arzneimittel bei steigenden Arbeitskosten Probleme für Hersteller und Apotheken entstehen, da erzielbare Margen in diesem Bereich abschmelzen. Bei jährlich steigender Rezeptgebühr fallen auch für die Patienten immer mehr Medikamente aus der Erstattung und werden nicht auf die Rezeptgebührenobergrenze angerechnet.

Mit dem „Pharma Forecast Austria 2023“ wird jedenfalls eine Möglichkeit geschaffen, um mit belastbarem Datenmaterial zukünftige Arzneimittel-Ausgaben im Gesundheitssektor planbarer zu machen. Mit der darin aufgezeigten Prognose können zumindest jene Ausgaben, die für Arzneimittel im niedergelassenen Bereich bei den Krankenkassen anfallen, von diesen präziser budgetiert werden.

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