Chemische Industrie zeigt neue Ansätze für den Alleskönner Kunststoff

07.06.2018 | Veranstaltung RETHINKING PLASTICS erörtert erfolgreichen Weg zur Kreislaufwirtschaft.

Bei der gestrigen Veranstaltung „RETHINKING PLASTICS – Wie gelingt der Weg zur Kreislaufwirtschaft“ präsentierten Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette Kunststoff auf Einladung des Fachverbandes der Chemischen Industrie ihren Umgang mit der Kunststoffstrategie der europäischen Kommission. Die Vorträge spannten den Bogen vom Rohstoff-Hersteller Borealis, weiter über den Kunststoff-Verarbeiter Greiner, zu Henkel als Abfüller in Kunststoff-Gebinde bis hin zum Recycling bei Kruschitz sowie dem Stand der Polymerforschung an der JKU Linz. In der anschließenden Podiumsdiskussion erörterten neben Firmenvertretern auch Sektionschef Holzer aus dem Nachhaltigkeitsministerium, NR Schmuckenschlager als Vorsitzender des Umweltausschusses sowie Conrad Seidl als Medienvertreter ihre Sichtweisen zur Kreislaufwirtschaft.

„Ohne Kunststoff ist ein Leben, wie wir es heute führen, nicht vorstellbar. Kunststoff hat sich im letzten Jahrhundert in vielen Lebensbereichen als die beste Materialalternative herausgestellt. Dieser Werkstoff verdient eine faire und ganzheitliche Betrachtung“, forderte Hubert Culik, Obmann des Fachverbandes der Chemischen Industrie in seiner Begrüßungsrede.

Alle Firmenvertreter waren sich einig, mit ihrem Know-how über Materialeigenschaften viel zur Kreislaufwirtschaft beitragen zu können, betonten aber, dass für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft die gesamte Wertschöpfungskette zusammenarbeiten muss und zeigten erfolgreiche Beispiele von gelungenen Projekten.

Es reicht auch nicht, wenn die Firmen  den Gedanken der Kreislaufwirtschaft verfolgen, sondern auch Kunden und Konsumenten müssen hierfür ein Bewusstsein entwickeln, um etwa Abfüllstationen zu ermöglichen oder Produkte in Verpackungen aus Rezyklaten bewusst zu kaufen.

„Umweltschutz fängt bei uns an“

Einig waren sich alle Diskutanten und Vortragenden, dass Umweltschutz in der Verantwortung jedes Einzelnen liegt. Sektionschef Holzer vom Nachhaltigkeitsministerium betonte, dass Österreich europäischer Spitzenreiter in der Abfallverwertung ist. Eine Ausrede sich auszuruhen sei das aber noch lange nicht. „Die EU hat zwar nur einen kleinen Beitrag am Marine Litter, darf das aber nicht als Grund sehen, nichts dagegen zu tun“. Gerade Maßnahmen, die das Problembewusstsein der Menschen schärfen, sollten vorrangig gesetzt werden.

Wenn wir schon recyceln können, warum wird nicht mehr Rezyklat eingesetzt?

Recycling kann nur funktionieren, wenn Qualität und Preis stimmen. Aktuell kann Rezyklat qualitativ und auch preislich oft nicht mit Neuware mithalten. Hier ist noch viel Forschung notwendig, wie sie etwa an der Johann Kepler Universität in Linz mit dem Projekt „LIT Factory“ betrieben wird. Mittels Digitalisierung sollen Daten im Produktionsprozess erhoben und ausgewertet werden, um chargenmäßig gleichbleibende Qualität von Rezyklat garantieren zu können.

Auch fehlende Lebensmittelzulassungen von Rezyklatverpackungen stellen noch eine große Hürde auf dem Weg von der linearen zur Kreislaufwirtschaft dar. Momentan ist im Wesentlichen nur PET-Rezyklat für Lebensmittelverpackungen erlaubt.

Ist Biokunststoff vielleicht die Lösung?

Nach Sektionschef Holzer muss man das Thema biogene Kunststoffe differenziert betrachten, denn wenn Rohstoffe aus Übersee kommen, ist der ökologische Fußabdruck mitunter größer als bei herkömmlichen Kunststoff. Eine weitere Problematik von Biokunststoff stellt die fälschliche Annahme dar, man könne diesen auf dem Kompost entsorgen. Denn biobasierter Kunststoff ist nicht automatisch biologisch abbaubar. Hingegen existieren auch herkömmliche Kunststoffarten, die diese Eigenschaft sehr wohl besitzen.

Warum ist die öffentliche Wahrnehmung in Hinblick auf Kunststoff so negativ?

„Kunststoffinnovationen sind für Leser nicht annähernd so spannend wie Naturkatastrophen“, ist die ernüchternde Conclusio des Journalisten Conrad Seidl vom Standard. Gerade in sozialen Netzwerken verbreiten sich Informationen besonders gut, wenn sie negative Emotionen wecken. Aber auch Qualitätsmedien können nicht an diesen Trends vorbeischreiben. In diesem Umfeld sei es auch für die Politik schwierig, nachhaltige Maßnahmen zu setzen, bedauert der Nationalratsabgeordnete Johannes Schmuckenschlager. So sehen die meisten Teilnehmer der Podiumsdiskussion auch das Einweg-Plastik-Verbot lediglich als Maßnahme zur Beruhigung, die am Ziel vorbeischießt und das Problem nicht an der Wurzel packt.

Die Unterlagen zur Veranstaltung finden Sie unter diesem Link.

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