Kunststoffindustrie: Verbot von Einweg-Plastikprodukten und Kunststoffabgabe schießen am Ziel vorbei

28.05.2018 | Kunststoffabgabe dient nur zum Stopfen des Brexit-Budgetlochs

Im Jänner noch begrüßte die Kunststoffindustrie die von der EU im Rahmen der Kreislaufwirtschaft geplante Kunststoffstrategie. Sie bietet eine Möglichkeit, Europas Kunststoffindustrie global zu einer Vorreiterrolle im ökologischen Handeln zu bringen.  

„Die heute veröffentlichte Single Use Plastics Richtlinie, mit der Einweg-Erzeugnisse aus Kunststoff künftig verboten werden sollen, schießt allerdings am Ziel vorbei“, ist Helmut Schwarzl, Obmann der Berufsgruppe Kunststoffindustrie, überzeugt. 

Konsumenten müssen mehr Problembewusstsein entwickeln

Anstoß für diesen Richtlinienvorschlag ist die Tatsache, dass  Kunststoff-Einwegprodukte 50 Prozent des Abfalls darstellen, der auf europäischen Stränden gefunden wird. Für einen fairen Ansatz wäre es notwendig, ebenso Maßnahmen für die anderen 50 Prozent zu finden. Weder der Kunststoff-Teller noch die Bierdose tragen Schuld am achtlosen Umgang mit ihnen, sondern der Konsument. Zielführender als Verbote von Kunststoffprodukten für die Bekämpfung des Litterproblems ist vielmehr das Bewusstsein der Menschen für einen schonenden Umgang mit Ressourcen aller Art zu schärfen und ihr Verhalten langfristig zu verändern. Bei Verboten von bestimmten Produkten wird das Problem von Kunststoff nur zu anderen Materialien verlagert, die dann am Strand gefunden werden. Litter sollte auf jeden Fall vermieden werden, egal ob aus Kunststoff, Aluminium, Glas oder Papier.

Kunststoffabgabe nicht zielführend

„Eine Abgabe auf nicht recycelte Kunststoffabfälle, wie sie derzeit im Raum steht, sehen wir als reine Geldbeschaffungsmaßnahme, um das Budgetloch nach dem Brexit zu stopfen. Weder werden dadurch die Meere vom Kunststoff gesäubert, noch Abfallwirtschaftssysteme außerhalb der EU etabliert. Zu beidem gibt es Initiativen, die die Branche unter erheblichem finanziellem Aufwand unterstützt“, begründet Schwarzl seine Ablehnung einer Kunststoffabgabe. Die Etablierung von Sammel- und Verwertungssystemen in Asien oder Leuchtturmprojekte zur Säuberung von Stränden sind zum Beispiel zielführende Handlungen der Branche zur Beseitigung des Marine Litter-Problems. 

Europa und Nordamerika nur zwei Prozent Anteil an Marine Litter

Schwarzl fordert von der Kommission, finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, um Forschungsprojekte im Bereich des Kunststoffrecyclings aber auch bei biobasierten Kunststoffen zu forcieren. Der Anteil Europas und Nordamerikas am Marine Litter beträgt zwei Prozent. Der Rest kommt hauptsächlich aus Asien und Afrika. „Eine Kunststoffabgabe würde die europäische Kunststoffindustrie schwächen und die Wettbewerbsposition gerade der größten Verschmutzer stärken“, so Schwarzl. 

Ökologische Vorteile von Kunststoff nicht vergessen

Ganz vergessen wird bei all der Kritik am Kunststoff, dass viele Kunststoffartikel handfeste ökologische Vorteile haben, für die es keinen sinnvollen alternativen Werkstoff gibt. Sie machen Autos leichter und sparen somit Sprit. Sie dämmen Gebäude und senken damit den Heiz- oder Kühlenergiebedarf. Sie schützen Lebensmittel vor Verderb und damit die Umwelt vor unnötigen Emissionen bei deren Produktion. Eine Kunststoffabgabe würde das alles verteuern und in keiner Weise das Problem des Marine Litter lösen. Will man wirklich saubere Alternativen forcieren, so sollte man bei Alternativen zu Kunststoff zuerst deren ökologischen Fußabdruck prüfen.

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