EuGH hebt Verordnung zur Einstufung von TiO2 als nichtig auf

24.11.2022 | In einer am 23.11.2022 veröffentlichten Entscheidung des EuGH wurde die EU-Verordnung zur Einstufung von TiO2 als nichtig erklärt.

Aufgrund von veralteten Studien an Ratten, die unter Bedingungen durchgeführt wurden, die den aktuellen Testlinien der EU nicht mehr entsprechen, stufte die europäische Kommission Titandioxid – das wichtigste Weißpigment der Lackindustrie – als „möglicherweise krebserregend beim Einatmen“ ein. Diese Einstufung hätte Konsumenten durch verpflichtete Kennzeichnungen in die Irre geführt, da Titandioxid im flüssigen Lack gebunden ist und logischerweise nicht eingeatmet werden kann.

Nun hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) die Verordnung der EU-Kommission aus dem Jahr 2019 für nichtig erklärt, soweit sie die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung von Titandioxid in bestimmten Pulverformen als karzinogener Stoff beim Einatmen betrifft. Der FCIO hatte die Einstufung des Weißpigments durch die EU-Kommission von Anfang an kritisiert und als eine der hauptbetroffenen Industrien die klagenden Unternehmen vor Gericht, unter anderem auch mit einem toxikologischen Gutachten, unterstützt. Die österreichische Lackindustrie hat eine Klagsgemeinschaft gebildet und mit der Fa. Rembrandtin als Kläger diese Einstufung bekämpft. Sie hat sich dem Verfahren als Streitgenosse angeschlossen. Klaus Schaubmayr, Geschäftsführer der Berufsgruppe der Lack- und Anstrichmittelindustrie im FCIO, begrüßt das Gerichtsurteil ausdrücklich: „Wir freuen uns sehr, dass mit dem Urteil für unsere Unternehmen Rechtssicherheit geschaffen wurde und hoffen sehr, dass bei zukünftigen Einstufungen von Stoffen mehr auf eine valide Datenlage gesetzt wird.“

Mit dem Urteil wird bestätigt, dass im vorliegenden Fall das Erfordernis, dass die Einstufung eines karzinogenen Stoffes auf zuverlässigen und anerkannten Untersuchungen beruhen muss, nicht erfüllt ist. Weiters stellt das Gericht fest, dass die angefochtene Einstufung und Kennzeichnung gegen das Kriterium verstoßen hat, wonach sich die Einstufung eines Stoffes als karzinogen nur auf einen Stoff mit der intrinsischen Eigenschaft, Krebs zu erzeugen, beziehen darf. Das bedeutet, dass die Gefahr von der Substanz selbst ausgehen muss und nicht von Staub oder Pulver generell. Hierfür gibt es keinen Beweis.

Insbesondere durch die Ausführungen des EuG zu den intrinsischen Eigenschaften von Stoffen und den Anforderungen hinsichtlich des wissenschaftlichen Nachweises von Gefahren, fühlt sich der FCIO in seiner Rechtsansicht bestätigt, dass die Einstufung von Titandioxid als „vermutlich karzinogen beim Einatmen“ und die damit verbundene Kennzeichnungspflicht für den Stoff sowie pulverförmige, feste und flüssige Gemische, als rechtswidrig anzusehen waren.

Das Weißpigment Titandioxid kann also weiterhin sicher in Lacken und Farben verwendet werden. Der Stoff wird seit rund hundert Jahren kommerziell eingesetzt und derzeit in Mengen von bis zu 10 Millionen Tonnen pro Jahr in Europa hergestellt oder verarbeitet. Zehntausende Arbeiter weltweit und Millionen Konsumenten kommen tagtäglich mit Titandioxid in Kontakt. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass eine krebserregende Wirkung bei einer solch weitreichenden Exposition bislang verborgen geblieben wäre.

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