Chemische Industrie begrüßt Einigung zum Gas-Notfallplan

26.07.2022 |

96 Prozent aller in der EU hergestellten Waren sind auf chemische Vorprodukte angewiesen

Die heutige Einigung der Energieminister in Brüssel wird von der chemischen Industrie als wichtiges Zeichen der Solidarität und als starker Schulterschluss gegen Russland gesehen. „In den Plänen der EU finden sich zahlreiche Ansätze, die von der Branche positiv bewertet werden, nun kommt es auf die nationale Umsetzung an, gerade was Maßnahmen für die Industrie betrifft“, kommentiert Hubert Culik, Obmann des Fachverbandes der Chemischen Industrie Österreichs das Ergebnis der intensiven Verhandlungen.

Insbesondere die im Text enthaltene Ausnahme für die Verwendung von Erdgas als Rohstoff ist sinnvoll, da es in diesem Bereich keine Einsparmöglichkeiten gibt und systemrelevante Produkte wie Düngemittel, Medikamente und Desinfektionsmittel betroffen sind.  

Ebenso sind die von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Kriterien für die Definition der kritischen Infrastruktur eine gute Grundlage für Gaszuteilungen im Ernstfall und die Einbeziehung von Lieferketten. Die Kommission nennt folgende Kriterien, nach denen Gasrationierungen erfolgen sollen: Neben Sektoren oder Unternehmen der sogenannten „kritischen Infrastruktur“ sollen die entsprechenden Lieferketten und deren wirtschaftliche Auswirkungen analysiert werden. Im Kommissionspapier ist die chemische Industrie mehrfach genannt.

Die Branche produziert nicht nur lebensnotwendige Medikamente, sondern viele weitere systemrelevante Produkte wie etwa Desinfektionsmittel und Düngemittel und liefert zudem Vorprodukte für 96 Prozent aller in der EU hergestellten Waren. Viele Sektoren sind auf den Einsatz von chemischen Stoffen im Produktionsprozess angewiesen: Von der Landwirtschaft, der Automobilindustrie, der Lebensmittelindustrie, über die Bauindustrie, die Energiewirtschaft bis hin zum Verkehrswesen. All diese Bereiche wären von Unterbrechungen ihrer Lieferkette betroffen.

„Wir appellieren daher an die Energieministerin, beim nationalen Notfallplan für ein Worst Case Scenario die gesamten Lieferketten im Auge zu behalten“, so der Obmann.

Nationales Krisenmanagement intensivieren

Der Input aus Brüssel sollte nun genutzt werden, um die heimischen Arbeiten zu intensivieren und transparenter zu kommunizieren. Der Fachverband der Chemischen Industrie wiederholt seine Forderung nach einem Masterplan, wie die Gasversorgung in Österreich in den nächsten Monaten und darüber hinaus gesichert werden soll. Im Angesicht der neuerlichen Drosselungen der Gaslieferungen aus Russland ist auch die ausreichende Befüllung der Speicher bis Herbst eine immer größer werdende Herausforderung. So war der Anstieg in den letzten Wochen deutlich niedriger als noch im Mai und Juni und es ist auch nicht klar, in welchem Ausmaß die eingespeicherten Mengen heimischen Endkunden zur Verfügung stehen.

Auch bei den alternativen Energieträgern wie Heizöl oder Biomasse fehlen umfassende Mengenplanungen. „Das Krisenmanagement muss dem Ernst der Lage angepasst werden. Dazu gehört auch eine transparente Kommunikation sowohl von Fakten als auch Unsicherheiten – dann werden auch alle bereit sein, an einem Strang zu ziehen, um bestmöglich durch diese schwierige Situation zu kommen,“ so Culik abschließend. 

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