FCIO zu EU-Aktionsplan: Boost für die Chemieindustrie braucht konkrete Maßnahmen

08.07.2025 | Mit dem heute von der Europäischen Kommission vorgelegten Aktionsplan zur Stärkung der chemischen Industrie und dem chemischen Omnibuspaket wird die Chemieindustrie als strategischer Sektor anerkannt, der für Versorgungssicherheit, Resilienz und technologische Souveränität in Europa entscheidend ist. Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der Branche zu sichern, ihre zentrale Rolle für die Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu stärken und die Abhängigkeit Europas von Importen zu verringern. „Die Chemie ist das Fundament jeder modernen Industrie – rund 95 Prozent aller industriell hergestellten Produkte benötigen in ihrer Herstellung chemische Vorleistungen“, begrüßt Ulrich Wieltsch, Obmann des Fachverbandes der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) den Aktionsplan. Gleichzeitig warnt er: „Der Aktionsplan ist ein erster Schritt, aber ohne rasche und konkrete Maßnahmen drohen weitere Produktionsverlagerungen ins Ausland. Europa kann sich keine weitere Deindustrialisierung leisten. Verlieren wir die Chemieindustrie in Europa, verlieren wir Wertschöpfung und Arbeitsplätze und damit die Basis für unseren Wohlstand, unsere Lebensqualität und unser Sozialsystem. Außerdem würden wir unsere Sicherheit und Unabhängigkeit gefährden.“

Tatsächlich sind die Entwicklungen alarmierend: Laut dem europäischen Branchenverband Cefic wurden seit 2019 über 20 Chemieanlagen in der EU dauerhaft geschlossen – darunter zentrale Produktionsstandorte mit hoher Bedeutung für industrielle Lieferketten, etwa bei Basischemikalien, Spezialkunststoffen und Zwischenprodukten für Arzneimittel. Während die USA mit massiver Förderung und billiger Energie ihre Produktionsbasis stärken und China den Markt mit staatlich subventionierter Überproduktion flutet, leidet Europa unter hohen Standortkosten, überbordender Bürokratie und mangelnder Planungssicherheit.

Der Aktionsplan adressiert wichtige Bereiche wie die Stärkung der europäischen Produktion im globalen Wettbewerb, leistbare Energie und Unterstützung der Dekarbonisierung sowie verstärkte Innovationsförderung. Der Fachverband begrüßt die Anerkennung des chemischen Recyclings für eine besser funktionierende Kreislaufwirtschaft. Positiv bewertet er auch die geplante sektorspezifische Omnibus-Regel, mit der administrative Belastungen im Chemikalien-, Kosmetik- und Düngemittelrecht reduziert werden sollen, als wesentlichen ersten Schritt. Aber diese vorgelegten, konkreten Vereinfachungen reichen bei Weitem nicht aus, um die im Aktionsplan gesteckten Ziele zu erreichen. „Wir brauchen wirklich eine industrielle Zeitenwende – allen voran wettbewerbsfähige Energiekosten, weitere mutige Entscheidungen zum Bürokratieabbau und die Schaffung von Investitionsanreizen, kein Stückwerk“, fordert Wieltsch. „Ein starker Wirtschaftsstandort Europa braucht eine starke Chemieindustrie. Die Wettbewerbsfähigkeit muss gewährleistet sein, damit Investitionen wieder attraktiv werden – nicht irgendwann, sondern jetzt.“

Dieser Appell richtet sich ebenso an die österreichische Bundesregierung. Wichtig ist, dass sie die Chemie als Schlüsselindustrie anerkennt und die Vorschläge der EU zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und zum Abbau der bürokratischen Belastungen unterstützt. Die angekündigte österreichische Industriestrategie muss eine klare Zielsetzung und konkrete Maßnahmen enthalten: um wieder wettbewerbsfähig zu werden und die zunehmende Deindustrialisierung zu stoppen, reichen keine halbherzigen Ankündigungen mehr, sondern es müssen rasch die entscheidenden Verbesserungen kommen.

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