Wasserstoffstrategie: Großes Potenzial und offene Fragen

08.06.2022 | Für die Klimaneutralität ist der Einsatz von Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen ein entscheidender Faktor. Die von der Regierung vorgestellte Wasserstoffstrategie ist dabei ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Bis 2030 sollen Produktionskapazitäten in Höhe von 1 Gigawatt für grünen Wasserstoff entstehen. Damit sollen etwa vier Fünftel des heute in Österreich verwendeten fossilen Wasserstoffs nachhaltig produziert werden können. Für diese Transformation sind 500 Millionen Euro an Förderungen vorgesehen. Der Fokus auf die Produktionsbereiche, in der Prozesswärme eine entscheidende Rolle spielen oder Wasserstoff fossiles Gas als Rohstoff ersetzen soll, ist für die chemische Industrie von besonderer Bedeutung. Aktuelle Studien zeigen, dass durch den Einsatz von grünem Wasserstoff bei der Herstellung von Grundchemikalien wie Ammoniak und Methanol sowie beim Einsatz von Carbon Capture and Usage Konzepten (CCU) eine Reduktion der Treibhausgasemissionen von bis zu 80 Prozent möglich ist. 

Rascher Ausbau von Infrastrukturen und erneuerbarer Energie nötig

Unklar ist in der Strategie noch, wie die Fördermittel konkret eingesetzt werden sollen. Fakt ist, dass es unterstützende Maßnahmen brauchen wird, um den Einsatz von grünem Wasserstoff auch wirtschaftlich nachhaltig zu machen. Der massive Ausbau von erneuerbarem Strom für die Elektrolyse zu leistbaren Preisen steht dabei im Zentrum. Ebenso wichtig wird die Umrüstung der Infrastrukturen für die Versorgung, die Förderung von Forschung & Entwicklung und von Pilotprojekten zur Skalierung neuer Technologien etwa im CCU-Bereich sein. Weiters braucht es eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren und den Abbau von bürokratischen Hemmnissen. Zudem sind Weichenstellungen wie die nach wie vor fehlende Investitionszuschussverordnung für Wasserstoff auf Basis des im Vorjahr beschlossenen Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes notwendig sowie die Einrichtung eines Transformationsfonds, der helfen soll, mehr Wasserstoff in der Industrie einzusetzen. Österreich könnte sich hier die Niederlande als Vorbild nehmen, die ein Wasserstoff-Unterstützungsvolumen in der Höhe von 5 Milliarden Euro bis 2030 zugesagt haben. Österreich muss sich an den Vorreitern orientieren, um nicht den Anschluss zu verlieren. Auch bei der Frage des Imports von grünem Wasserstoff sind noch viele Fragen offen. Österreich wird sich nicht zu 100 Prozent selbst versorgen können. Um eine Abhängigkeit wie bei russischem Gas zu vermeiden, braucht es auch bei den Lieferanten von Wasserstoff eine Diversifikation. Der nächste Schritt muss ein offener Dialog zwischen Politik und betroffenen Industrien sein. Die Unternehmen der Chemiebranche sind bereit an der Umsetzung einer raschen Transformation mitzuwirken, um eine wasserstoffzentrierte Industrie möglich zu machen.

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