Kunststoffindustrie: Mit 10-Punkte-Paket zum Vorreiter für Kunststoffrecycling

06.03.2019 | Kunststoffe sind aufgrund ihrer herausragenden Eigenschaften im täglichen Leben unverzichtbar geworden und wegen ihrer Leichtigkeit und ihrer vergleichsweise ressourcenschonenden Produktion ein Schlüsselmaterial für den Klimaschutz. Gleichzeitig stellen die unsachgemäße Entsorgung von Kunststoffen und die zunehmende Verschmutzung der Weltmeere eine umweltpolitische Herausforderung dar, für die es dringend Lösungen bedarf. "Hier sind wirkungsvolle Maßnahmen notwendig, die weitreichender und zielführender sind als das Verbot von Wattestäbchen und Plastiksackerln", erklärt Sylvia Hofinger, Geschäftsführerin des Fachverbandes der Chemischen Industrie. Aus diesem Grund hat die Kunststoffindustrie ein umfassendes 10-Punkte-Maßnahmenpaket ausgearbeitet, das sämtliche Aspekte für einen nachhaltigen Umgang mit dem „Wertstoff“ Kunststoff beinhaltet und mit dem es gelingen kann, Österreich zum internationalen Vorreiter im Bereich der Kreislaufwirtschaft zu machen. "Der Fokus muss zuallererst auf der Förderung von Recycling-Kreisläufen liegen. Wir müssen die Rezyklierbarkeit des Werkstoffes ausnützen und ihn so oft wie möglich im Kreislauf führen," so Hofinger anlässlich der Präsentation des Pakets.

Da Recycling von Kunststoffen nicht mit der Sammlung, sondern zuerst mit dem Design von Produkten beginnt, ist bereits am Beginn der Kette anzusetzen. Die Unternehmen der Branche arbeiten schon intensiv an einer Steigerung der Rezyklierbarkeit ihrer Produkte, etwa durch den verstärkten Einsatz von Monomaterialien oder auch bei der Farbgebung, wo zunehmend hellere, transparente Farben verwendet werden.

Um hochwertiges Rezyklat zu erhalten, muss der Kunststoff sortenrein gesammelt werden. Dazu ist jedenfalls ein Ausbau der bestehenden Sammel- und Sortiersysteme notwendig.

Die Kunststoffindustrie will in diesem Zusammenhang Gespräche mit Handel und anderen Industrieverbänden zur Prüfung von Pfandsystemen für Getränkeverpackungen führen. "Wir Österreicher sind in Europa Musterschüler beim Mülltrennen und -verwerten. Um die von der EU vorgegebenen ambitionierten Recyclingziele im Bereich Kunststoff zu erreichen, müssen wir gemeinsam über Möglichkeiten zur Weiterentwicklung des Systems diskutieren.“ So muss Österreich seine derzeitige Kunststoffrecyclingrate bis 2025 um fast 50 % erhöhen, um die von der EU geforderte Quote zu erreichen. Auch für die 2029 geforderte Sammelquote für Kunststoffflaschen von 90 Prozent müssen branchenübergreifend Lösungen angedacht werden.

Ein weiterer Schritt zum nachhaltigen Umgang mit Kunststoffen ist der Einsatz von Mehrweg- statt Einweg-Produkten, wann immer es hygienisch und ökologisch vertretbar ist, beispielsweise bei Getränkebechern und Refill-Lösungen.

Für Maßnahmen von Seiten der Politik fordert die Branche künftig eine verpflichtende Verwendung von Ökobilanzen, um der Umwelt nicht in vermeintlich gutem Glauben etwa durch das Ausweichen auf einen anderen Werkstoff erst recht zu schaden – wie es zum Beispiel mit dem Plastiksackerlverbot der Fall war, die einen besseren ökologischen Fußabdruck aufweisen als Tragtaschen aus Papier.

Neben den nationalen Maßnahmen sollte sich Österreich laut Hofinger auch auf europäischer und internationaler Ebene stärker einbringen: Unausweichlich für eine Reduktion von Marine Litter wäre ein europaweites Deponie-Verbot sowie ein vermehrtes politisches Engagement auf globaler Ebene. "Österreich ist jetzt schon führend in der Entwicklung von Recyclingtechnologien und -maschinen. Diese Technologieführerschaft gehört weiter ausgebaut, um dann unser Know-how in Regionen der Welt zu exportieren, wo es aktuell an Abfallmanagementkonzepten mangelt, wie insbesondere in Asien und Afrika ". Weiters braucht es gezielte Förder- und Anreizsysteme für die Weiterentwicklung neuer Technologien, wie etwa für chemisches Recycling. Dabei werden Kunststoffabfälle, die nicht zum mechanischen Recycling geeignet sind, durch thermochemische Verfahren wieder in Rohstoffe umgewandelt, aus denen neue Kunststoffprodukte erzeugt werden können.

Bei einer erfolgreichen Umsetzung des 10-Punkte-Maßnahmenpakets der Kunststoffindustrie können beträchtliche Ressourcen eingespart und Abfall vermieden werden. Es können damit bis 2025 über 95 % Prozent der PET-Flaschen ins Recycling rückgeführt werden, bei anderen Kunststoffarten sollen bis 2040 ebenfalls über 95 %-ige Rückführungsquoten ins Recycling realisiert werden. Voraussetzung ist hierfür ein Schulterschluss aller Stakeholder von Unternehmen, über Politik, Verwaltung, Forschung, Gemeinden bis zu NGOs.

Österreichs Kunststofferzeuger und –verarbeiter setzten 2017 Produkte im Wert von 7,5 Mrd Euro ab und hielten damit einen Anteil von ca. 5 Prozent an der Industrieproduktion. Mit Forschungsausgaben von 194 Millionen Euro im Jahr 2015 gehört die Kunststoffbranche zu den forschungseifrigsten. Sie ist international ausgerichtet und exportiert ca. zwei Drittel ihrer Erzeugnisse.

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